Reinhold Wulff, Berlin

Kieler Historiker haben in den letzten Jahren eine kleine Anzahl von Sammelbänden herausgegeben, die den Norden Europas zum Thema haben.

Seitdem der Kieler Historiker Michael Salewski die Ranke-Gesellschaft maßgeblich mitbeeinflußt, wird hier der Geschichte Nordeuropas ein größeres Gewicht beigemessen, so sind als Beihefte der Historischen Mitteilungen dieser "Vereinigung für Geschichte im öffentlichen Leben" vier Bände erschienen, die diesen geographischen Raum zum Thema haben. In allen Bänden sind mehr oder weniger ausgearbeitete Fassungen der gehaltenen Referate auf Tagungen dokumentiert. Es ist an dieser Stelle unmöglich, auf alle Beiträge in den vier Sammelbänden einzugehen, nur einige, ausführlichere Beiträge sollen im folgenden näher vorgestellt werden, bei anderen wird es bei einer knappen Inhaltsangabe bleiben müssen.

Die beiden ersten vorzustellende Sammelbände fassen knapp fünfzig Vorträge zusammen, die 1990 bzw. 1994 in der Grenzlandakademie Sankelmark bei Flensburg im Rahmen internationalen Historikertagungen aus Anlaß des Beginns bzw. des Endes des Zweiten Weltkriegs gehalten wurden (zumeist in deutscher, einige in englischer Sprache - erstaunlicher Weise gibt es keine einzige Frau unter den Vortragenden!).

In den Beiträgen finden sich Bezüge zu allen im weitesten Sinne dem Norden zuzuzählenden Gebiete, wobei Norwegen und Dänemark, die von 1940 bis 1945 von deutschen Truppen besetzt waren, verständlicherweise im Mittelpunkt stehen.

Der erste Band faßt die Referate zusammen in den Kapiteln "Der politische Faktor" (3 Beiträge), "Der militärische Faktor" (5), "Errichtung der Fremdherrschaft" (4), "Krieg und Politik" (4), "Krieg und Wirtschaftsinteressen"(3) sowie "Besatzungspolitik und Besatzungsrealität" (5). Den Abschluß bilden eine von Michael Engelbrecht zusammengestellte Zeittafel sowie ein Register.


Neutralität und totalitäre Aggression
Nordeuropa und die Großmächte im Zweiten Weltkrieg
Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 1991
436 S., DM 128,-


Der erste Beitrag von Jörgen Weibull als Einführung zur Politik der skandinavischen Staaten ist erstaunlich trivial, unstrukturiert und leider in der englischen Form auch sprachlich kein Vergnügen. Auch der Beitrag von Patrick Salmon zur britischen Nordeuropapolitik ist zwar kurz, zeichnet sich aber durch einige interessante Quellenbelege und klare Gedankenführung aus. Der Artikel von Hain Rebas zur Situation Estlands hingegen bietet im wesentlichen einen Literaturbericht und endet in der Kritik der politischen Wirklichkeit der baltischen Länder und der mangelnden Unterstützung dieser durch den Westen 1990.

Noch einmal wird im Beitrag von Hans-Martin Ottmer die Problematik der ideologischen und maritim-operativen Vorbereitung der Weserübung zur Besetzung Norwegens diskutiert. Dieses erfolgt in einem klar strukturierten, die Literaturlage aufarbeitenden Aufsatz. Als Ergebnis formuliert Ottmer erneut die Auffassung, daß Hitlers Planungen zur Besetzung Norwegens durch die Planungen der Alliierten forciert wurden. Die westalliierte Planung hinsichtlich Skandinaviens arbeitet Magne Skodvin auf - knapp, das wesentliche vorstellend, aber ohne Anmerkungen und ohne neue Erkenntnisse. Knapp ist auch der Beitrag von Thomas Munch-Petersen zur britischen Position angesichts des finnischen "Winterkriegs", aber er analysiert beeindruckend die riskante Politik der britischen Regierung: "it treated the risk of war with Russia in ...in a frivolous and irresponsible manner." Thomas Röpstorff beschreibt Finnlands Position zwischen Berlin und Moskau - als Einführung gut geeignet. Michael Salewski analysiert "Das Wesentliche von »Weserübung«" unter militärhistorischen und kriegsstrategischen Aspekten in einem überzeugenden Essay.

Die Errichtung des Reichskommissariats Norwegen beschreibt Robert Bohn anhand einiger neu erschlossener Quellen aus dem Innenleben der deutschen Besatzer. Auf den Konflikt zwischen Reichskommissar und Wehrmachtsbefehlshaber in Norwegen weist Helge Paulsen hin und erweitert damit die bereits im Bohnschen Beitrag angeführten Probleme. Die mit der Etablierung der Macht zusammenhängenden Strukturen analysiert Arnim Lang in einem breit angelegten Aufsatz - leider trübt hier wie schon bei Bohn die umständliche Sprache den Lesegenuß. Mit der Position Quislings im deutschen Besatzungsregime beschäftigt sich Hans Fredrik Dahl und weist auf die versuchten Einflußnahmen Quislings auf die deutsche Politik hin und beschreibt die deutsche Unterstützung von, aber auch das Mißtrauen gegenüber Quisling.

Auf schon angesprochene Fragen kommt Thomas Magnusson zurück, wenn er die Beziehungen zwischen Schweden, Finnland und dem Baltikum thematisiert. Auch dieser Beitrag eignet sich wiederum als Einleitung zum Thema, ohne neue Erkenntnisse zu vermitteln. Der Beitrag von Jürgen Elvert zur Neutralität Irlands wirkt in diesem Band deplaziert, leider problematisiert der Autor Parallelen bzw. Differenzen zur politischen Situation in Nordeuropa im Zweiten Weltkrieg nicht. Das Exil in Skandinavien beschreibt Einhart Lorenz in seinem, zum großen Teil auf eigenen Quellenstudien beruhenden Aufsatz und weist auf den Beitrag des Exils bei der Immunisierung der skandinavischen Bevölkerung gegen den Faschismus hin. Kurt Jürgensen bilanziert das Kriegsende 1945 in Schleswig-Holstein und Dänemark.

Fritz Petrick widmet sich in seiner Untersuchung der Rohstoffe Nordeuropas für die deutsche Kriegswirtschaft und belegt diese u.a. in einem kleinen Statistikteil. Ähnlich bearbeitet Claus Wohlert die Situation Schwedens im NS-Rondell - hier vermißt man leider eine etwas gründlichere Vorstellung der Belege und der Wirtschaftsdaten. Diese werden dann jedoch nachgeliefert in Martin Fritz' sehr gründlichen Analyse der Spannungen zwischen angestrebter schwedischer Neutralitätspolitik und den Wirtschaftsinteressen.

Unterschiedliche Formen der Kollaboration und des politischen wie militärischen Widerstands in Norwegen werden in Terje Halvorsens Arbeit deutlich herausgearbeitet. Kristian Ottosen schließlich beschreibt Existenz und Aufbau der Arbeits- und Konzentrationslager in Norwegen. Leider führt das umfangreich aufgeführte Datenmaterial schnell zum Vergessen der individuellen Schicksale und des in den Lagern erfahrenen Leides. Henning Poulsens Beitrag zur deutschen Besatzungspolitik in Dänemark dient im Band als kurze Einführung ins Thema, während Aage Trommer Kollaboration und Widerstand dort untersucht und Widerstandskämpfern und Zusammenarbeitspolitikern die Fähigkeit zum schließlich notwendigen gemeinsamen Handeln zuspricht. Henrik Skov Kristensen weist darauf hin, daß alliierte Luftangriffe nicht nur gegen deutsche Städte geflogen wurden, sondern auch gegen dänische.


Kriegsende im Norden
Vom heißen zum kalten Krieg
Hrsg. v. Robert Bohn und Jürgen Elvert
Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 1995
383 S., DM 128,- (??)


Den zweiten Sammelband zum Kriegsende und der Nachkriegspolitiken führt Michael Salewski mit einem Aufsatz zur Beurteilung der militärischen Lage 1944 ein, im folgenden beschäftigen sich zwei Aufsätze unmittelbar mit den militärischen Aspekten der deutschen Niederlage (Arnim Lang, Martin Moll), zwei weitere mit den Flüchtlingen als Folge des Krieges (Sten Körner zu den Baltikumsflüchtlingen, Peter Wulf zu den in Schleswig-Holstein) und drei mit der "Abrechnung" mit den Kollaborateuren in Dänemark bzw. Norwegen (Ditlev Tamm, Ole Kolsrud, Robert Bohn). Mit dem Widerstand in Dänemark bzw. Norwegen setzen sich Aage Trommer bzw. Ole K. Grimnes auseinander. Die restlichen Beiträge behandeln die Nachkriegskonzeptionen und Politiken der nordischen Länder im Spannungsfeld von geplanter nordeuropäischer Verteidigungsunion, NATO-Gründung und Sowjetunion. Karl Christian Lammers und Kurt Jürgensen befassen sich mit Dänemark, Patrick Salmon untersucht den Einfluß Großbritanniens auf Nordeuropa. Die Positionen der Sowjetunion und die nordischen Reaktionen darauf prüfen Karl-Richard Böhme, Terje Halvorsen sowie Dörte Putensen (zum Stichwort "Finnlandisierung"). Die verteidigungspolitische (Kent Zetterberg und Dirk Levsen), ideologische (Einhart Lorenz) sowie wirtschaftliche (Fritz Petrick für Norwegen und Dänemark, Manfred Menger für Finnland, Claus Wohlert für Schweden) Neuorientierung und Aufbauleistung wird zum Schluß betrachtet. Abgerundet wird der Band mit dem weit ausholenden Beitrag von Jürgen Elvert über "Europa und der Norden. Die Geschichte einer wechselseitigen Fehlwahrnehmung".

Die "Operation Nordlicht", die Zerstörung Norwegens durch deutsche Truppen beim Rückzug aus Finnland, analysiert Arnim Lang und bringt in seinem Beitrag eindrucksvolle Textpassagen aus den Anweisungen des OKW, aus SS-Berichten und Tagebucheinträgen. Deutlich wird einerseits die logistische Leistung beim Rückzug der Truppen, aber vor allem die Brutalität, in der dieser von deutscher Seite durchgeführt wurde. Unverständlich bleibt das geringe Interesse, das deutsche Historiker bisher diesem dunklen Kapitel der Zeitgeschichte entgegengebracht haben - trotz (oder wegen?) der touristischen Attraktivität dieses geographischen Raums, gerade für Deutsche. Karl Christian Lammers zeigt in seinem Beitrag zur Abrechnung mit den dänischen Kollaborateuren ein grundsätzliches Dilemma der Nachkriegspolitiken: "Handlungen, die nicht im Augenblick des Tatbestandes strafbar waren, zu bestrafen, also mit rückwirkender Kraft, stritt gegen ein Grundprinzip im dänischen Recht und in der dänischen Rechtsauffassung." Trotzdem ging man strafrechtlich gegen Landesverräter vor, allein schon, um der Selbstjustiz vorzubeugen ("nur" 25 Personen wurden so Opfer der Lynchjustiz). Verhängnisvoll erwies sich, daß zunächst Verfahren gegen kleinere Vergehen durchgeführt wurden, da diese unproblematischer zu sein schienen. Die Folge aber war, daß gerade diese mit schweren Strafen belegt wurden, während in späteren Verfahren gegen die großen Landesverräter mildere verhängt wurden - die Einstellung gegenüber den Verbrechen im Krieg hatte sich inzwischen geändert, die Gerichte urteilten zurückhaltender. Insgesamt 13.500 Dänen wurden verurteilt, 46 Todesurteile vollstreckt. Die entsprechenden Zahlen für Norwegen lauten 49.000 Urteile und 26 Hingerichtete.

Patrick Salmon betont in seiner Analyse der britischen Nachkriegspolitik den Primat der Wirtschaftspolitik. Man stand dem Norden - insbesondere Dänemark und Norwegen - geistig und politisch nahe, aufgrund der schlechten, ja geradezu verzweifelten ökonomischen Lage nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte Großbritannien auf ökonomischen Gebiet resolut seine Interessen durchzusetzen.

Einhart Lorenz weist in seinem Beitrag auf die "moralischen Kalorien" für Deutschland hin, die er in dem Eintreten norwegischer Politiker für den politischen Wiederaufbau in den Westzonen Deutschlands sieht. Dabei wurde die SPD zwar als der natürliche Ansprech- und Bündnispartner für die norwegische, sozialdemokratische Regierung gesehen, unter ihrem nationalistischen und den Alliierten gegenüber skeptischen Vorsitzenden Kurt Schumacher kam es dann aber zu erheblichen Irritationen zwischen norwegischer und deutscher Arbeiterpartei. Letztendlich war das norwegische Sicherheitsinteresse orientiert auf ein demokratisches Westdeutschland als Bollwerk gegen die Sowjetunion. Den Einfluß der SU auf die finnische Außen-, sogar Innenpolitik weist Dörte Putensen aufgrund der erst jetzt zugänglichen Quellen nach. Das Schlagwort von der "Finnlandisierung" wird damit als politischer Kampfbegriff zwar nicht gerechtfertigt, erhält aber doch größeres Gewicht, denn in der Tat wurde unmittelbar nach dem Kriegsende in Finnland nicht nur die öffentliche Meinungsbildung von Regierungsseite massiv beeinflußt.

Jürgen Elverts abschließende Schilderung "Europa und der Norden" kann nur teilweise als geglückter Abschluß des Bandes angesehen werden. Der Versuch der großen, zusammenfassenden Schau bleibt in Ansätzen stecken, in erster Linie, weil - wohl aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse (Indiz: Orla Lehmann war keineswegs eine Frau) - keine skandinavischsprachige Literatur berücksichtigt wird, sondern englischsprachige Übersichtswerke die Grundlage der Ausarbeitung bilden. Trotz dieser Mängel finden sich im Beitrag eine ganze Reihe von interessanten Informationen für alle, die sich bisher mit skandinavischer/nordeuropäischer Politik und ihren Wendemarken seit dem 19. Jahrhundert nicht näher beschäftigt haben.

Insgesamt machen beide Sammelbände einen guten formalen (im zweiten sind einige der unglückliche Formatierungen im ersten nicht wiederholt worden) und inhaltlichen Eindruck, Register finden sich, Druckfehler fallen nur wenige ins Auge (in den englischen Beiträgen sind es einige mehr, bei einigen Aufsätzen wurden die skandinavischen Sonderzeichen richtig gesetzt, in anderen wurden sie, teilweise kurios, aufgelöst), die Quellen- und Literaturangaben sind unterschiedlich ausführlich, manchmal fehlen diese leider ganz. Zwei durchaus zu empfehlende Übersichtswerke, die Einblicke in die nordeuropäische Kriegs- und Nachkriegsgeschichte geben. (Abschließende Frage an den Verlag: Warum nur hat der zweite Band ein anderes Format als die drei anderen Bände der hier zu besprechenden Beihefte?)

Weniger geglückt ist der folgende Sammelband, der sieben Referate Sektion "Deutschland, Europa und der Norden" des 39. Historikertages in Hannover 1992 zusammenfaßt. Die Beiträge sind in ihrem Gegenstand, ihrer Qualität und ihrer Form so unterschiedlich, daß sie kaum zusammen zwischen zwei Buchdeckel passen.


Deutschland, Europa und der Norden.
Ausgewählte Probleme der nord-europäischen [sic!] Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert
Hrsg. v. Robert Bohn
Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 1993
162 S., DM 64,-


Der Band beginnt mit einem kurzen, aber informativen Beitrag von Lorenz Rerup zum deutsch-dänischen Verhältnis als "Ein Vorbild für Europa" und versucht klar zu machen, wie aus dem - zeitweise blutigen - Grenzstreit zwischen Deutschen und Dänen sich die heute herrschende gute Nachbarschaft entwickeln konnte.

Robert Schweitzer betrachtet "Deutschland und Finnland" in ihren Beziehungen auf kulturellem, wirtschaftlichem und politischem Gebiet und liefert dabei eine fundierte historische Einführung in dieses Wechselspiel, beginnend mit der Hanse und endend mit der Zeit der Perestroika unter Gorbatschow.

Clemens Dillmann widmet seinem Aufsatztitel "Abkopplung und internationaler Einfluß in der Geschichte (und Geschichtswissenschaft) der norwegischen Industrialisierung. Ein Beispiel nachholender Industrialisierung in Europa" anscheinend mehr Aufmerksamkeit als der klaren und stringenten Darstellung seines Gegenstandes - beide verbindet allerdings die Kunst der unglücklichen und unklaren Formulierung. Dieser Aufsatz mit einer Debatte um die norwegischen Konzessionsgesetze Anfang unseres Jahrhunderts entstand offensichtlich auf Grundlage der Dissertation des Autors, ihm gelang es aber nicht, die dort ausführlicher niedergelegten Argumentationen auch in der gekürzten Form eines Aufsatzes transparent und verständlich zu machen. Zum schlechten Eindruck trägt auch bei, daß die Quellenangaben bei einigen Statistiken unvollständig, einige Schaubilder unverständlich sind und diese auch nicht vom Autor interpretiert werden.

Martin Moll behandelt in seinem sorgfältig belegten Aufsatz die heute kurios anmutende Auseinandersetzung zwischen Dänemark und Norwegen um den Besitz Grönlands. Während Dänemark 1814 Norwegen an Schweden abtreten mußte, blieben die norwegischen atlantischen Besitzungen bei Dänemark, also auch Grönland. Nach der norwegischen Unabhängigkeit 1905 war man hier bemüht, Grönland zurückzugewinnen. Mittel dazu waren die auf private norwegische Initiative erfolgte "Besetzung" eines ostgrönländischen Areals, die Werbung um Unterstützung im Ausland - und dabei in erster Linie das Hoffen auf Deutschland- sowie die Anrufung des Haager Gerichtshofs. Letzterer entschied jedoch 1933 zu Gunsten Dänemarks und trotz intensiver Bemühungen von norwegischer Seite im Zweiten Weltkrieg, mit deutscher Hilfe die Insel zurückgewinnen zu können, verblieb Grönland bei Dänemark. Ein vorzüglicher Überblick über diesen Aspekt vergessener innernordischer Konflikte auf 44 Seiten (damit der umfangreichste Artikel im Band, die anderen sind zwischen 10 und 38 Seiten lang)!

Fritz Petricks Beitrag zur Neuordnung Nordeuropas nach 1940 ist mit nur zehn Seiten sehr kurz und bringt keine neuen Aspekte in das Thema ein. Anders hingegen der Aufsatz von Robert Bohn zur norwegischen Abrechnung mit den deutschen Besatzern. Ausführlich wird auf juristische Aspekte, die vorgebrachten Anklagepunkte gegen Angehörige der deutschen Besatzungsmacht sowie die Prozeßpraxis eingegangen und die völkerrechtliche Bewertung der Prozesse problematisiert. Abschließend beschreibt Dirk Levsen das dänische militärische Engagement in der BRD bis 1958.

Der noch anzuzeigende Band faßt die Vorträge einer Veranstaltung zum 750jährigen Stadtjubiläum Kiels zusammen.


Kiel, die Deutschen und die See
Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 1992
255 S., DM 88,-


Alle Aufsätze befassen sich natürlich mit der heutigen Landeshauptstadt Kiel und damit einer Großstadt im Norden Deutschlands, für Nordeuropa unmittelbar relevant ist jedoch nur der Beitrag von Carl-Axel Gemzell unter dem viel versprechenden Titel "Handels- und Marinepolitik in Nordeuropa. Deutsch-skandinavische Beziehungen unter dem Druck der Moderne". Leider enttäuscht der Beitrag aber, da in ihm der Ehrgeiz zu spüren ist, allzu viele Aspekte auf nur wenigen Seiten anzusprechen. So wird schon das "skandinavisch" im Titel zum leichten Etikettenschwindel, denn in erster Linie wird Schweden berührt. Ausgehend von der Modernisierungstheorie Wehlers wird von der Handelstätigkeit Deutschlands, Schwedens und Großbritanniens seit dem Ersten Weltkrieg über die Vorbereitungen der "Operation Weserübung" zwischen Wert- und Zweckrationalität bis zum Status des Geschichtsunterrichts in Schweden zu viel berührt, ohne es in einen rechten Zusammenhang bringen zu können. Wertvoll allerdings sind die Literaturhinweise zu den behandelten Themen.

Dieses Beiheft zeichnet sich positiv durch das bessere Papier aus, weit negativer wirkt aber die winzige Schrift und die schlechte Bindung. Zu guter letzt kann gehofft werden, daß von der Ranke-Gesellschaft dem Norden Europa weiterhin Aufmerksamkeit geschenkt werden wird.